Rechtliche Faktoren
Die allgemeinen rechtlichen Grundlagen für die berufliche Fortbildung sind die §§ 53-57 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Speziell für behinderte Menschen gelten außerdem die §§ 64-67 des BBiG. Die Paragrafen bestimmen, dass die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen bei der Aus- und Weiterbildung berücksichtigt werden sollen. Auch Artikel 27, Abschnitt 1) d-e der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sind wichtig. Die Virtuellen Fachschulen erfüllten alle gesetzlichen Regelungen.
Für die Studierenden waren die Regelungen verschiedener Sozialgesetzbücher wichtig. Besonders wichtig waren Regelungen aus dem § 33 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) "Teilhabe am Arbeitsleben" und der §24 Schwerbehindertenabgabeverordnung (SchwbAV). Diese Regelungen besagen, dass behinderungsbedingt entstehende Kosten für eine Fortbildung von den Kostenträgern übernommen werden sollen. Es besteht jedoch kein Anspruch auf eine Kosten-Übernahme.
Für viele Studierenden war die Ausbildung an der Virtuellen Fachschule mit "behinderungsbedingten" Kosten verbunden, denn sie konnten aufgrund ihrer Hörbehinderung keine wohnortnahen Fortbildungs-Angebote wahrnehmen. Sie mussten Reise-Kosten, Übernachtungs-Kosten und teilweise auch Kosten für die technische Ausstattung aufbringen. Die Ausbildung selber war kostenlos.
Kosten-Übernahme ist grundlegend
Das Projekt hat deutlich gezeigt, dass die Übernahme dieser Kosten durch die zuständigen Kostenträger eine grundlegende Voraussetzung für die Teilnahme an den Virtuellen Fachschulen ist. Für die meisten Studierenden war die Bewilligung kein Problem (vgl. Interview-Aussagen). Allerdings beschrieben die Studierenden verschiedener Bundesländer unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Bewilligung.
Wenn Studierwillige keine Kostenerstattung für die behinderungsbedingten Mehrkosten bewilligt bekamen, dann wurde die Virtuelle Fachschule nicht begonnen oder sofort abgebrochen. Das bedeutet: Eine Ablehnung der Kosten-Übernahme ist eine starke Abbruch-Bedingung. Oder anders formuliert: Die Übernahme der Kosten durch die zuständigen Kostenträger ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Die Teilnehmenden haben verschieden gutes Gesetzeswissen. Aufgrund der Kommunikationsbehinderung haben sie häufig Probleme, komplexe Gesetzestexte zu verstehen und in Verwaltungsverfahren erfolgreich zu sein. Es ist für sie ungleich schwerer als für Hörende, in Widerspruch zu gehen und ihr 'Recht' zu bekommen . Mehr zum Thema hörbehinderte Arbeitnehmer/-innen und Gesetze liefern die Ergebnisse des Projektes GINKO.
Das RWB-Essen hat den Betroffenen bei rechtlichen Schwierigkeiten immer unterstützend zur Seite gestanden, obwohl dies eigentlich nicht zur Aufgabe der Schule gehört (vgl: 10 Jahre Virtuelle Fachschulen, S.90 ff).