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Schule - Präsenz-Unterricht

Hörbehindert? Visuell reden!

Alle Studierenden der Virtuellen Fachschule Bautechnik waren gehörlos bzw. stark schwerhörig und konnten Lautsprache nur schlecht oder gar nicht wahrnehmen. Aus diesem Grund, aber auch aus ihrem Selbstverständnis heraus, erwarteten die Studierenden im Präsenz-Unterricht eine Gebärden unterstützte bzw. per Gebärden geführte Kommunikation.

Problem: Lehrkräfte ohne Gebärden

Beim Start der Virtuellen Fachschule Bautechnik unterrichteten neben den Fachlehrer/-innen des RWB-Essen auch Lehrkräfte eines anderen Berufskollegs, um alle Fachbereiche abdecken zu können. Diese Fachexperten hatten bislang keine Erfahrungen im Umgang mit schwerhörigen bzw. gehörlosen Menschen und konnten auch keine Gebärdensprache. Im Unterricht sollte deshalb immer eine Lehrkraft des RWB-Essen die Kommunikation absichern. Diese Form der Kommunikation war für mehrere Studierende nicht ausreichend.

Das Problem wurde innerhalb der Schule thematisiert. Eine erste Veränderung, der verstärkte Einsatz von Schrift, konnte das Problem nicht entschärfen, da kein echter Dialog entstand. Darauf hin wurde der Anteil von Lehrkräften mit Gebärdenkompetenz immer weiter erhöht. So war für die stark hörbehinderten Studierenden ein Lehr-Lern-Dialog möglich. 

Lösung: Visuelle Kommunikation und Praxis

Insgesamt wünschen sich die Studierenden einen stärkeren Einsatz von Gebärdensprache, Visualisierung (auch mittels Schrift) und mehr praktische Beispiele. So wurde die Ausbildung zur Sicherheitsfachkraft - eine Zusatz-Ausbildung im Regelbereich - wegen des großen Praxisanteils von den Studierenden gelobt. Die Kommunikation wurde bei dieser Zusatz-Ausbildung mit Gebärdensprach-Dolmetschern abgesichert (vgl. Interview-Aussagen).

Die Unterrichts-Kommunikation kann nur gelingen, wenn die Lehrkräfte die Kommunikations-Anforderungen der Studierenden sehr gut kennen. Gleichzeitig müssen die Studierenden bereit sein, konstruktiv Kritik vorzubringen und Wünsche zu formulieren. Alle Beteiligten müssen sich offen über die Kommunikations-Bedingungen verständigen und diese gemeinsam verbessern.

Aus den Interviews

"Also der perfekte Lehrer darf irgendwie nicht trennen und darf dann irgendwie mal sprechen und mal gebärden. Sondern am besten, das eben für alle machen, dass alle das gleichzeitig mitbekommen. Das jeder die Information bekommt. Das man dann sich nicht irgendwie fragt: Was wurde da jetzt gesagt, das hab ich/ da wurde relativ lang geredet und dann wird auf einmal was in Gebärdensprache gemacht, was viel viel kürzer ist. Sondern einfach, dass man/ dass der Unterricht so erfolgt, dass alle alles mitbekommen. Und was ich auch noch hinzufügen möchte, dass der Lehrer einfach wissen sollte, wie, ja wie Gehörlose ticken einfach. Das man sozusagen das nicht schafft, sich einfach alles zu merken, wenn komplett alles runtergerasselt wird und das eben auch Medien hinzugezogen werden, dass Papiere, Unterlagen vorbereitet werden, dass Sachen am Plakat dargestellt werden, dass Sachen an die Wand gebeamt werden. Das auch sozusagen die Gehörlosen eben genau wissen, worum es geht." (A.B., Absolventin der Virtuellen Fachschule Bautechnik, gedolmetscht)

 

"Also für mich war die SIFA [Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Berufgenossenschaft BAU] gut, weil Therorie und Praxis beides miteinander verbunden wurde. Also es wurde nochmal gezeigt: Okay das ist die Theorie und jetzt guckt mal wie ist das in der Praxis aussieht.! ... Also ich hab gemerkt, dass bei der SIFA, ... dadurch hab ich einfach viel mehr Selbstbewusstsein bekommen. Also wir mussten viel irgendwie selbst argumentieren, viel erklären." (T.H. Absolvent der Virtuellen Fachschule Bautechnik, gedolmetscht)

 

"Aber einige Lehrer, die aus dem Berufskolleg Ost kamen, die haben sich auch wirklich Mühe gegeben. Mit mehr Körpersprache oder die haben auch gewartet bis Blickkontakt war, dann haben sie erst dann gesprochen und sie wollen auch mehr Gebärden lernen, das fanden wir gut. Nur einige Lehrer, die uns auch unterrichten die haben nicht so viel Bereitschaft gezeigt. Also da müssen Sie noch ein bisschen mehr Gebärden lernen, ... müssen ja nicht perfekt gebärden, aber unterstützt gebärden, das würde uns auch helfen." (N.N., Absolventin der Fachschule Bautechnik, gesprochen)

 

"Es war einfach so, dass wir sehr viele Aufgaben bekommen haben. Wir sollen zum Beispiel irgendwie ne Baustelle sollten wir selbst die Anschlüsse legen, sollten planen wo steht der Kran und sollten dann eben erklären, okay wir haben wir den Kran da hingestellt, warum ist das vielleicht nicht so gut, wie macht´s man besser? Also, wir mussten sehr viel selbstständig arbeiten und viel selbst organisieren. (K.H. Absolvent der Virtuellen Fachschule Bautechnik, gedolmetscht)

 

"Was auch noch dazu kommt, dass die Dozenten natürlich den Text uns geben, dass wir den lesen. Aber es wär auch schön, dass man eben einfach das visuell nochmal sieht, dann können wir das auch besser verstehen." (D.F., Absolvent der Virtuellen Fachschule Bautechnik, gedolmetscht)

 

 

T.H. Fachschule für Bautechnik, gedolmetscht

„"Uns mehr motivieren, uns in seinen Bann reißen, uns irgendwie Lust geben, zum Unterricht zu kommen. Und klar Gebärdensprachkompetenz, gute Vorbereitung ..." ”

Grafiken und Diagramme:

Kommunikation: Hilfreich im Präsenz-Unterricht

Abbildung 1:
Kommunikation: Hilfreich im Präsenz-Unterricht